Schäferei Humpert           
     Kompetenz in Landschaftspflege

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Am 29.4. veranstaltet der Föderevrein einen Tag des gerisenen Weidetieres, anlässlich dessen Schafe, Ziegen, Pferde... durch Innenstädte getireben werden sollen, um auf die desolate Lage der Weidetierhaltung aufmerksam zu machen.


Am 30.4. ist der traditionelle Tag des Wolfes. Diverse Aktionen wollen an diesem Tag auch auf die Lage der Weidetiere aufmerksam machen. Rissbilder und Ähnliches sollen gezeigt werden, und auf den vorletzten Drücker entstand ein Trauerzug für die Schafhaltung.


Bei allem Mitgefühl für die getöteten Tiere und ihre gebeutelten Menschen, bei aller Wut darüber, wie Verantwortliche sie nach wie vor allein lassen, aktuelle Opfer und zukünftige Opfer- das ist für mich nicht der Weg, der uns weiter bringt.


Hierzu begründe ich sehr persönlich, warum ich solcherlei Aktionen nicht mittragen möchte:


Zum Tag des Wolfes, zu Rissbildern und Trauerzügen
Nein. Ich bin auch nicht dafür, dass bei der Entscheidung Weidetier oder Wolf gefühlt grundsätzlich dem Wolf der Vorzug gebührt.  Ich bin dagegen, dass der Weidetierhalter als der Dumme, der Faule oder der Geizige dargestellt wird, wenn seine Schutzmaßnahmen versagt haben. Ich finde es unfassbar, Weidetierhaltern vorzuhalten, sie sollten sich doch nicht so anstellen, wenn der Wolf ihre Tiere reißt- schließlich töteten sie ja auch welche davon, also liebten sie sie ohnehin nicht- und es verunglückten jedes Jahr so viele Tiere, da käme es auf ein paar mehr ja nicht an. Ich kann das Kleinreden der Verluste nicht mehr hören, genauso wenig wie die Predigten, man müsste doch nur ordentlichen Herdenschutz machen, und alles wäre gut.
Aber: ich bin nicht bereit, die Weidetierhaltung mit Rissbildern zu vermitteln. Den Tod von Menschen, die das Leid ihrer Tiere und den unermesslichen Druck, der auf vielen Betrieben lastet, nicht mehr ausgehalten haben, noch zu instrumentalisieren. Egal, was jemand damit zu beweisen gedenkt. Ich weigere mich, selbst zum Totengräber der Weidetierhaltung zu werden, indem ich sie offiziell mit einem Trauerzug zu Grabe trage. Dahinter steckt vielleicht die Hoffnung, dass eine breite Bevölkerung aufwacht durch theatralische Provokation, oder dass die Politiker und Gruppen, mit denen wir seit Jahren reden, endlich mal ihre Versprechungen umsetzen. Diese Hoffnung teile ich nicht.
Wir Weidetierhalter sind es leid, im direkten Gespräch mit Vertretern diverser Organisationen zu hören, dass sie ja auch für die Entnahme bestimmter problematischer Einzeltiere sind- und dann immer wieder zu erfahren, dass das nur für sie privat gilt: als Gruppe auf höherer Ebene bezieht man keine Stellung, weder gegen die vermutete Mehrheitsmeinung seiner Mitglieder noch gegen seine Einnahmequellen. Das ist menschliches Verhalten. Was es nicht besser macht.
Es hilft niemals, Betroffenheit zu zeigen und wieder zur Tagesordnung überzugehen. Programme aufzulegen, die in der Breite nicht greifen, weil eine Grenze, eine Verordnung oder ein Budget dagegensprechen. Das gilt nicht nur beim Wolf, das gilt immer.
Für nachhaltiges Miteinander brauchen alle Beteiligten Fachwissen und die Bereitschaft, situationsangemessen plötzlich mal ganz anders zu handeln. Da geht lieber keiner dran.
Immer wieder hegen wir Hoffnung, wenn Politiker uns versprochen haben, „macht Ihr den Herdenschutz- wir entnehmen dann die, die sich nicht daran halten“. Viele bemühen sich nach Kräften um Herdenschutz, einige rüsten regelrecht auf- dennoch oft vergeblich. Entnommen wird nicht; die Kreativität reicht immerhin für Gründe, warum der Herdenschutz nicht gut genug war, was der Tierhalter falsch gemacht hat. Das fördert Resignation und nimmt den letzten Rest Vertrauen in offenbar leere Worte
Aufgabe der Weidetierhaltung bedeutet Aufgabe des besten Deichschutzes. Bedeutet weiteren Rückgang von Insekten sowie Wegwerfen einer nachhaltigen CO2Senke. Bedeutet den Verlust von Artenvielfalt bei vielen Nutztierrassen, die nur durch Einsatz erhalten werden, und bei den vielfältigen Pflanzen und Tieren, die auf die Beweidung angewiesen sind. Bedeutet noch weniger regionale Erzeugung guter Lebensmittel mit Ressourcen, die dem Menschen ohne Weidetiere nicht zur Verfügung stehen.
Und bedeutet Aufgabe von Betrieben, die naturverbunden und abseits von Massentierhaltung arbeiten, Steuern bezahlen, Familien ernähren und eigentlich nicht weniger Rechte haben dürften als andere Unternehmer. Dass sie für den Artenschutz eine Tradition aufrechterhalten, von der zu leben immer schwierig war, inzwischen fast unmöglich, ist nicht ihr Fehler. Hier sind sich scheinbar alle einig. Das monierte System zu verändern, beginnt allerdings keiner derer, die es könnten.
Dennoch bin ich nicht bereit, diese frustrierenden, keine oder maximal allerkleinste Fortschrittchen bringenden Gespräche aufzugeben., Ich will weiter mit allen reden. Will, dass die Theorie von der nachhaltigen Bewirtschaftung von Grünland zum Schutz der Artenvielfalt durch artgerechte Haltung nicht in Papieren steht, sondern in Gehirnen. Jeder Blick auf unsere Flächen beweist es; jeder, der sehen will, könnte es tun. Wir liefern frei verfügbar Information dazu, jeder an seinem Ort.
Doch der Weg ist lang bis zur Umsetzung. Ob ich die noch erlebe? Eher nicht.
Jedoch will ich nicht selbst zum Totengräber meiner Bemühungen werden, weigere mich, mit zu schaufeln an der Grube, in der unsere jahrelange Arbeit in den Betrieben und für die Betriebe verscharrt wird. Möchte die bequeme Art des Darüberhinwegsehens nicht noch befeuern, sondern weiter nerven, versuchen, aus dem Tiefschlaf der Nicht-Betroffenheit zu wecken.
Gerade in der aktuellen Lage gibt es objektiv wichtigere Dinge zu regeln. Weltfrieden und Klimawandel, Waffenlieferungen und vermeintlicher Mangel an Sonnenblumenöl, für eine breite Masse nicht mehr bezahlbare/verfügbare Energie, Inflation, Corona- alles wichtig, vieles wäre mit etwas mehr Weitblick, etwas ehrlicherem Gespräch und etwas mehr Wissen über wirkliche Abläufe zu gegebener Zeit lösbar gewesen. Was zählt da das Überleben der Weidetiere und der Artenvielfalt? Für uns ist es elementar. Es gehört zum Klima, zur Ernährungssicherheit und zu sozialer Gerechtigkeit. Jetzt wird man Gründe finden, weiterhin sich nicht zu kümmern um das, was jahrzehntelang versäumt wurde. Gibt ja Wichtigeres.
Für uns ist das alles auch wichtig. Wir wirtschaften manchmal weitab der Zivilisation, aber im selben System, mit denselben Verpflichtungen und Abhängigkeiten. Ohne unserer Tiere können wir unsere Arbeit nicht tun und die gewünschte Leistung nicht erbringen. Ohne Herdenschutz mit Augenmaß werden unsere Tiere nicht überleben, unsere Betriebe ebensowenig. Es ist schon lange an der Zeit, Worthülsen von der Unersetzlichkeit der Weidetierhaltung angemessene Taten folgen zu lassen, die wirklich zum Schutz der gesamten Biodiversität beitragen.
Das Ganze im Blick- was man dafür allerdings auch ansehen muss.
Ich persönlich will das Erreichte, so wenig es auch ist, nicht preisgeben. Ich möchte weiter daran arbeiten, dass endlich der ganze Wert dessen, was wir tun, begriffen wird. Nicht nur von Kindergartenkindern, die sofort kapieren, warum Schmetterlinge Schafe brauchen, sondern von Entscheidern, die sich kräftig die Augen zu halten, weil Wählerstimmen von Weidetierhaltern unbedeutend sind und man sich darauf verlässt, dass eine ausgewogene, gesunde Umwelt der Bevölkerung egal ist, wenn sie nur genug Spaßprogramm hat. Dafür, dass es in Zukunft noch  Weidetiere gibt (nicht nur in Zoos und Museen), vielleicht sogar Menschen in allen Etagen, die sich für eine vielfältige Natur verantwortlich fühlen, will ich weiter konstruktiv arbeiten. Ohne Türen zuzuschlagen, die noch nicht weit genug geöffnet sind.  Und genau deswegen werde ich keine Rissbilder liefern, keine Mahnfeuer anzünden und keine Trauerzüge unterstützen.
Nachdem Brandenburg eine neue Wolfsverordnung vorgelegt hat, die in vielen Bereichen wenig konkret, in anderen durchaus brauchbar ist, nachdem Niedersachsen eine ziemlich konkrete Wolfsverordnung erstellt hat, die Weidetierhalter nicht prinzipiell ins Abeseits stellt, hat nun auch NRW eine Wolfsverordnung gebastelt.
Vorher hat man alle betroffenen Verbände befragt- um die Stellungnahmen der diversen Weidetierhaltungsorganisationen dann in keiner Weise zu berücksichtigen. Wir erstellen sicher alle gern umsonst fundierte Stellungnahmen....“


 
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